Funkelndes Berlin! Schon in den Zwanzigerjahren war dies die Stadt der überlaufenden Champagnerpyramiden und einer einzigartigen Barkultur. Später kam erst David Bowie, dann eine weltweit einzigartige Technoszene, und nach der Corona-Pandemie erfand sich die vielfältige Ausgehkultur noch mal neu. Schnieke Hotelbars existieren hier neben Hinterhofetablissements, Weltklassebartender*innen stehen in Bretterschuppen ebenso wie hinter Marmortresen. Es gibt Naturweinbars und Naturweinausschank im Park, Parkhaus-Rooftopbars und Clubs mit Panoramablick über das Kottbusser Tor, Speakeasys und, im Fall des BRLO Brewhouse, Biergärten mit Industrieschick samt angeschlossener Brauerei. Das Schöne daran: Berlin ist nicht die Stadt der Zwanzig-Euro-Cocktails und elitären Rooftop-Bars, sondern für alle da. Der Späti an der Ecke gehört genauso dazu wie der Houseclub mit Blick auf die Spree, der Guiness-Pub ebenso wie das Frederick’s, das die 1920er wiederaufleben lässt. Hier sind 11 Berliner Lieblingsbars.
Kink Bar & Restaurant (Mitte)

Bildnachweis: Kink Bar & Restaurant
Mitten im Stadtzentrum, auf einem von Kastanien beschatteten Platz, befindet sich das Kink, dessen Mischung aus Bar und Casual-Fine-Dining-Restaurant in Berlin eher die Ausnahme darstellt. In den Worten der Betreiber Daniel Scheppan und Oliver Mansaray: „Wir bauen keine Mauern, wir reißen sie lieber ein.“ Der Hauptraum ist eine Sensation, Samtvorhänge, Industriedesign, eine Lichtinstallation des Künstlers Kerim Seiler, die aussieht wie betrunkene Parabeln. Der mittig zentrierte Tresen ist von allen Seiten begeh- beziehungsweise besetzbar. Barchef Arun Naagenthira Puvanendran arbeitet gerne mit dem Rotationsverdampfer, um die Aromen von Kräutern und Gewürzen in die Gläser seiner Gäste zu bringen. Das klingt dann so: redestillierter Talisker mit Tonkabohne, Szechuanpfeffer, Winterweizen und Ahorn oder Gin mit Calvados, Rose, Granatapfel und Takju, einem koreanischen Reiswein. Es gibt aber auch den altbekannten Whiskey Sour, denn: Im Vordergrund stehen die Gäste und deren Wünsche.
Aviv 030 (Neukölln)

Bildnachweis: Aviv 030
Aviv 030 verkünden die roten Leuchtbuchstaben über dem Eingang, und meinen die israelische Antwort auf das italienische Aperitivokonzept, kleine Teller zum Teilen mit einer variablen Anzahl guter Drinks wie Campari Amalfi mit Grapefruitsaft oder Aviv Rosata mit der israelischen Nationalspirituose Arak. Aus dem Hebräischen übersetzt bedeutet Aviv einerseits Frühling und verweist andererseits auf das Foodie-Paradies Tel Aviv, während 030 auf die Berliner Telefonvorwahl anspielt. Hinter dem gleichnamigen Restaurant steckt ein vierköpfiges Team, bestehend aus Nir Ivenizki, Sasha Morgan und den Schwestern Josefine und Charlotte Kammerer. Das Essen spiegelt die reichhaltige Streetfood-Kultur des Nahen Ostens wider. Mittags gibt es Shakshuka und mit Pankobröseln ummantelten Blumenkohl. Das Fleisch im Kebap kommt von der Neuköllner Blutwurstmanufaktur und das Hummus ist, Ehrensache, hausgemacht. Abends traut sich die Küche mehr, in Form von dekonstruierter Lasagne und Tomatensalat im Blätterteig. Spätestens am Wochenende verwandelt sich das Bistro in einen Miniclub mit Live-DJ.
BRLO Brwhouse (Kreuzberg)
Der Park am Gleisdreieck ist typisch für Berlin: mehr Zweckbegrünung als grüne Oase, dafür mit einem industriellen Charme. An dessen östlichem Eingang befindet sich das BRLO Brewhouse, ein umzäunter Biergarten mit angeschlossenem Restaurant, untergebracht in 38 ausrangierten Überseecontainern, ebenso wie die BRLO-Brauerei. Deren Betreiber Katharina Kurz, Christian Laase und Michael Lembke denken das deutsche Reinheitsgebot von einem zeitgeistigen Standpunkt aus, Craft Beer mit stark lokalem Fokus. Zu den beliebtesten Sorten zählen Helles ebenso wie German IPA und Berliner Weiße. Besondere Erwähnung soll das alkoholfreie naked finden, ein pale ale aus Brotresten der Bäckerei Zeit für Brot. In einigen Teilen Deutschlands zählt Bier als Grundnahrungsmittel, was auf das BRLO Brewhouse insofern zutrifft, als dass man dort einen trinkfreudigen Abend oder Nachmittag verbringen kann. Bitte nicht Ben Pommers Küche verpassen! Der Berliner legt den Fokus auf Gemüse, ein im Ganzen gebackener Blumenkohl mit Pale-Ale-Glasur oder Brandenburger Burrata mit Spinatcreme. Es gibt aber auch butterweiche Rippchen und Smørrebrød. All das im Inneren mit Blick in die Brauerei, durch die man Führungen buchen kann. Nicht umsonst wurde das Brewhouse 2017 zum „Berliner Szenerestaurant“ gewählt.
Cecconi’s (Mitte)
Ja, auch Berlin hat sein Soho House, ein herrschaftlicher Blitzbau in prominenter Mittelage. Die Weltläufigkeit beginnt schon im Erdgeschoss, im italienischen Restaurant Cecconi’s. Die Inneneinrichtung des Berliner Ablegers zielt auf eine zeitgemäße Form italienischer Grandezza, mit Kassettendecken, Marmorboden und roten Ledersofas, die Küche hingegen gibt sich dank Holzofen eher rustikal. Spezialisiert ist sie auf Fisch, hausgemachte Pasta und mediterranes Soulfood wie frittierte Calamari und Tonnarelli Cacio e Pepe mit Extratrüffel. Die Barkarte ist international ausgerichtet. Eine Negronivariation kommt mit Lady A, Rosé-Wermut und Rum, die Mailänder Antwort auf Mojito besteht aus Campari, dem Beerenlikör Chambord und weißem Bacardi, der Mezcalina aus Mezcal, Limette, Ananas und dem Haselnusslikör Frangelico. Es gibt aber auch die italienische Kultbiermarke Peroni und Alkoholfreies wie den Bitterino mit San Bitter, Himbeerpüree und Minze. Bei gutem Wetter sitzt man auf der Torstraße.
Amano Bar (Mitte)

Bildnachweis: Amano Bar
Hotelbars haben einen ganz speziellen Charme. Ein wenig wie Urlaub in der eigenen Stadt für Einheimische oder als Ausgangspunkt, um eine fremde Stadt zu erkunden. 2017 wurde die in der Auguststraße gelegene Amano Bar vom deutschen Barmagazin Mixology zur besten Hotelbar ausgezeichnet, den Preis für das beste Barteam gab es obendrauf. Für Ersteres spricht der stilvolle, dunkel gehaltene Raum, geschmückt von Kristalllampen und einem grünen Marmortresen. Für Letzteres die durchdachte Karte. Der Amano Mule fügt dem bewährten Klassiker aus Wodka, Gurke und Gingerbeer Absinth hinzu, der Mexican Royal punktet mit Tequila, Pfirsich, Vanille und Sekt. Oder darf es ein Bitter is Better sein, mit Campari, Gin, Orange und Minze? So schön es im Erdgeschoss des Hotels auch ist, sollte man bei gutem Wetter doch den Weg nach oben auf sich nehmen. Auf dem Dach des Hotels befindet sich eine Rooftopbar mit hölzernen Loungemöbeln und Blick auf den Fernsehturm. DJ inklusive.
Frederick’s (Tiergarten)

Bildnachweis: Frederick’s
Arnd Henning Heissen kennt man aus dem Curtain Club und der Fragrances Bar, beide im Ritz Carlton, jetzt ist er für die Barkarte des Frederick’s zuständig, einem im Sony Center untergebrachten, mehrstöckigen Gastropalast, inspiriert vom Berlin der 1920er Jahre. Das Einrichtungskonzept traut sich was, viel Messing, viel Samt, Muster und Pastell. Das Restaurant serviert Ceasar Salad, Hühnerfrikassé und Chateaubriand, zum Dessert Berliner Pfannkuchen mit Aprikosensauce. Eine gleichwertige Rolle spielt die hufeisenförmige Bar, an deren Rückseite Neonkussmünder leuchten. Von dort kommen Minzbacardi mit Matcha-Sake, Minzbrand und einem Geist aus Heu; Wodka mit Sake, Ginger Ale und Zedern-Bergamotten-Tonka-Sirup oder ein Drink namens Dark Dahlia, mit Tequila, Verjus, Whiskey, Mandarinengeist und veganem Eiweiß. Der Mimosa wird mit Champagner und Tonkabohne zubereitet. Wer davon Hunger bekommt, freut sich über das Barmenü, mit Entensandwich und Zanderceviche. Oder man gönnt sich das viergängige Tasting-Cocktail-Food-Pairing-Menü.
Middle (Neukölln)
Schon seit einiger Zeit macht die Community des Nahen Ostens in Berlin von sich reden. Einige von ihnen bereichern die Club- und Partyszene, andere die Kulinarik. So wie das Middle, ein charmantes Nachbarschaftsrestaurant in Neukölln, jenem Stadtteil, der wie kein anderer beweist, dass die deutsche Hauptstadt auch Schmelztiegel kann. Auf dem Teller landet Middle Eastern Comfort Food: nordafrikanischer Thunfischsalat, die Frischkäsespezialität Labneh mit Challahbrot oder Ofenkartoffeln mit hausgemachter Zitronen-Aioli. Vor allem das Hummus und die Sabbichteller, eine köstliche Kombination aus gerösteter Aubergine, Tahin, Kartoffeln und Harissa, verdienen laut Auskunft des Inhabers Itamar Lanner besondere Aufmerksamkeit. Selbiges gilt für die Drinks. Ein Fokus liegt auf Natural und Orange Wines, ein weiterer auf Cocktails. Allein fünf Negronivariationen zählt die Karte, von klassisch bis Suntory Whisky und Mezcal, daneben Klassiker wie Aviation und French 75 oder ein Chilli Mango Margarita, bestehend aus Herradura Plata, Mangosirup und Limette. Oder man lässt sich einen Drink mit Arak mixen, der israelischen Nationalspirituose.
Velvet (Neukölln)
Das Velvet unweit der Neuköllner Karl-Marx-Straße – eine raue, zugleich hippe Gegend, in der sich türkische Gemüsestände an Coffeeshops reihen – wurde 2019 vom Mixology-Magazin zur besten Bar Deutschlands gewählt. Ungewöhnlich ist weniger das Interieur – goldgelbe Decke, minimalistisch-anthrazitfarbenes Design – als das Getränkekonzept. Den gegenwärtig die Gastronomie bestimmenden Farm-to-Table-Trend holt das Velvet vom Teller ins Glas, Farm to Shaker gewissermaßen. An seinen freien Tagen sammelt das Team rund um Filip Kaszubski Blumen und Kräuter in Berlin und der näheren Umgebung, um sie mithilfe eines Rotationsverdampfers, einem Gerät, das normalerweise in chemischen Laboren zum Einsatz kommt, in Essenzen und Destillate zu verwandeln. Anderes kommt von lokalen Landwirt*innen. Folglich ist die Karte hyperlokal und hypersaisonal. Im Sommer beispielsweise steht dort ein Drink aus Gin, Vogelbeeren aus der Prignitz, Apfelsaft, Sherry und einem Hauch Scotch; einer mit Lavendel, Pisco, Sake, Heidelbeere und Jasmin oder ein Drink mit Süßkirschen der Familie Kollwitz mit Sherry, Kirsch-Cordial und rauchigem Whiskey.
Ngon (Mitte)
Aus dem Vietnamesischen übersetzt bedeutet Ngon einerseits lecker, andererseits attraktiv. Nguyen Tuan Duys gleichnamiges Restaurant gleicht einem indochinesischen Traum, mit Holzjalousien, aus Vietnam importierten Bodenfliesen, glutroten Lampions und üppigem Pflanzenarrangement, so aufwendig zusammengestellt, dass schon Filmteams kamen. Bis zu 120 Gäste finden Platz im Restaurant, daneben gibt es noch eine Zigarrenlounge und private Dinnerräume. Le Van Siengs Küche ist eine Liebeserklärung an Vietnam: hausgemachter Tofu, Tamarinden-Ananas-Suppe, Jakobsmuscheln mit Kaviar und Fruchtmayonnaise und die nordvietnamesische Schweinebauchspezialität Bún chả Obamà. Daneben gibt es Themenabende, an denen etwa Seafood, Streetfood oder Dim Sum im Fokus stehen. Die Barkarte vereint Bewährtes mit verspielten Ansätzen, eine Negronivariante mit Grapefruit oder Kurkuma Basil Smash. Daneben gibt es zahlreiche Signature Cocktails, entwickelt von Barmanager Jerome Pätzold. Ein Fokus liegt zudem auf hausgemachten Eistees, die wiederum Basis sind für einige Cocktails wie den Full Moon Tea Cup mit Sake, Zacapa und Honig-Mandarinen-Sirup.
Mr. Susan (Mitte)

Bildnachweis: Mr Susan
Korallblaue Wände, ein Bartresen aus rosafarbenem Terrazzo, davor Barhocker aus meerfarbenem Samt. Benannt ist die Bar nach der Co-Besitzerin Susan Choi, die genau wie ihr Geschäftspartner Robbert De Wildt Wert darauf legt, dass sich Spaß und Genuss nicht ausschließen, in Form von Variationen des allseits bekannten Spritz etwa, mit Safran oder dem koreanischen Reiswein Makkeolli. Zudem arbeiten die beiden mit ungewöhnlichen Zutaten wie Matcha, Karotten und Trüffeln, Letzteres in Form eines weißen Negronis mit Trüffelöl. Unverkennbar sind die Verweise auf Chois koreanische Wurzeln, etwa bei einem Drink aus Whiskey, Reissirup, Sesamsaat und koreanischem Gerstentee. Unter den Signature Drinks ist der Kimchi Michelada, ein Popsicle aus Tomatenkimchi mit hopfigem Lagerbier. Nicht die Food-Evens verpassen, Taco Tuesday etwa oder die Begehung des amerikanischen Unabhängigkeitstags mit Bourbon-Eistee und Hot Dogs.
Green Door (Schöneberg)
Nackte Glühbirnen und unverputzte Wände findet man in der Green Door ebenso wenig wie Minimaltechno oder Aperol Spritz. Grün ist nicht nur die Tür, sondern sind auch die Sitzbänke, dazu ein langer, geschwungener Holztresen. Die in den Neunzigern aus New York importierte Inneneinrichtung besteht aus Hundelampen und einer blau-weiß karierten, vom Künstler Thomas Hauser bemalten Tapete. In den Worten der Betreiber pendelt das Interieur „irgendwo zwischen einem privaten Salon und einem David Lynch Film“. Nehmen wir den nussig-aromatischen Liquid Vacation, bestehend aus Oloroso Sherry, karibischem Rum, Créme de Banane und Cacao sowie Verjus – so geht Urlaub. Oder aber den umami-lastigen Honjozo Sake mit Langpfeffer-Aquavit, Bonito-Destillat und Alge. Ohne Promille geht es auch, zum Beispiel mit dem Rise & Shine mit alkoholfreiem Rum und Kaffeelikör, Espresso und Schokoladenbitters. Barchefin Maria Gorbatschova wurde vom Falstaff-Magazin zur Bartenderin des Jahres gewählt.